Die Dreiborner Höhe - die Heimat der “Berger“

 


Alte Aufzeichnungen, alte Flurnamen und die mündliche Überlieferung machen es möglich,
über Geschichtliches und Sagenhaftes aus alten Zeiten zu erzählen. Manchmal präzise,
manchmal aber dringt nur ein kleiner Schimmer aus dem geschichtlichen Dunkel, der zum
Forschen ermuntert.
Durch die Kenntnisse des Dreiborner Dialektes wird vieles verständlich, was sonst zu deuten
unmöglich wäre.
Es soll nun versucht werden, in großen Schritten durch längst vergangene Zeiten zu wandern
und die Heimat “der Berger“ zu erkunden.
Olefer Kirche
Die uralte Kirche in Olef war im Mittelalter Pfarr- und Mutterkirche des Dreiborner Landes.
Zu dieser gehörten die Talorte Olef, Nierfeld, Gemünd, Malsbenden, sowie die Höhenorte
Dreiborn, Berescheid, Ettelscheid, Scheuren, Herhahn, Morsbach und zeitweise Wollseifen
und Einruhr, dazu kamen noch einige Weiler und Höfe.
Auch Heistert, Wallental, Voissel, Wielspütz und teilweise Bleibuir gehörten zum Dreiborner
Land und somit zur Pfarre Olef.
Die Höhenbewohner stellten die größte Gruppe der “Christianität Olef“‚ man nannte sie
“die Berger.“
Noch bis nach dem zweiten Weltkrieg wurde zu Ehren des heiligen Johannes dem Täufer,
dem Pfarrpatron von Olef, in den Höhendörfern die “Berger-Kirmes“ gefeiert.
Die Höhenorte Harperscheid, Schöneseiffen, Bronsfeld und der Weiler Katzenbroich gehörten
damals zum Schleidener Land.
Nach der kommunalen Neuordnung gehören alle Berger-Dörfer zu den Höhenorten der Stadt
Schleiden.
Die Heimat der “Berger“ der “Dreiborner Landkragen“ ist uraltes Siedlungsgebiet.
Der Wasserreichtum der teils hochebenartigen Fluren auf der Wasserscheide zwischen der
Olef und der Rur haben unsere Vorfahren zum Siedeln bewogen.
In Dellen (Mulden) und Siefen entspringen hier viele kleine Quellen. Rinnsale und kleine
Bäche schlängeln sich teils durch schluchtartige aber auch durch mähbare lichte Hochtäler
entweder in die Olef oder in die Rur.
Auf dem Kamm dieser Wasserscheide führte die Römerstraße Köln-Reims, durch heute noch
kaum zu erkennende Quellsümpfe welche so wohl in die Rur als auch in die Olef entwässern.
Es handelt sich um die Quellsümpfe “am Katzenpool“, “oper Thol“, “im Hagebrögelchen“
und “am Berenbroch“.
Flurnamen, ein paar Pfützen und der Bericht „Als in Dreiborn noch die Frösche quakten“
erinnern an diese Sümpfe.
Flurnamen sind Kulturgut.
Die ältesten reichen bei uns zurück ins geschichtliche Dunkel, ins Reich der Sagen.
Manche sind keltischem‚ fränkischem, niederdeutschem‚ althochdeutschem oder
mitteldeutschem Sprachgut zuzuordnen.
Stätten der Volksfrömmigkeit, Richtplätze, alte Grenzen, Wege und Pfade, auch die Standorte
alter Wassermühlen, sowie die Abbaustellen von Eisenstein, Schiefer und Lehm bleiben
durch sie in Erinnerung. Wo Flurnamen sich auf die Tier und Pflanzenwelt beziehen, wird uns
die Veränderung in unserer Umwelt drastisch vor Augen geführt. Da gibt es unterhalb der
Burg die “Hahnsweiher“ wo der Birkhahn vorkam, auf der “Uhpsley“ an der “Leykaul“
nistete der Uhu, im “Ifelenkbrögelchen“ sangen die “Ifelenken“ (Lerchen) und in der
“Schneppendell“ fing man die wohlschmeckenden Schnepfen. Am “Vuchelskorb“ wurden
Krametsvögel gefangen, am “Hühnerbusch“ brüteten Feldhühner. In der “Wolfsheld“ kamen
Wölfe vor und in der “Omessenhard“ waren massenhaft Ameisen.
In “Mysauel“ (Wüstenbach) wurden schmackhafte Fische gefangen, Mysen, eine Karpfenart.
Der Flurname “opem Sporkefeld“ besagt, dass hier ein Wachholderstrauch neben dem
anderen stand. Karrenweise wurde dort im Herbst Wacholder geholt, um bei den
Hausschlachtungen das Fleisch zu räuchern.
Ginster-Gewächse
Im “Ginster“ und “oper Heed“ wurde Ginster
und Heide für die Stallstreu geschnitten. Im “Holzappelsdall“ wuchsen wilde Apfelbäume.
Im “Küelgart“ (Kohlgarten) bei Scheuren wurde Kappessamen gezüchtet.
Aufschlussreich sind auch die Endungen der Flurbezeichnungen.
“Kuhl“ z.B. weist auf Abbaugebiete.
In “Jronekuhl“ und “Scherpeschkuhl“ wurde Eisenstein gefunden, an der “Leykuhl“ wurde
Schiefer und an der “Lehmkuhl“ Lehm abgebaut. Sumpfstellen haben die Endung “Broch“,
“Pool“, oder “Bueen“ z.B. “Berenbroch“, “Wongterpool“, “Gräfebueen“.
Mit der Endung “Berg“ werden die nach den Tälern hin meist steil abfallenden Hänge
bezeichnet. “Funkenberg“, “Ritzeberg“. Höhen haben die Bezeichnung “Kopp“, “Knopp“,
oder “Hühe“ z.B. “Jiefelichskopp“, “Metteleknopp“, “Streckeschenhühe“.
Die Flurnamen erzählen uns, dass sich die ältesten Hofstätten auf dem Gebiet der heutigen
Stadt Schleiden in der Nähe der im 3. Jh. erbauten Römerstraße, auf der Dreiborner Höhe
befanden.
Zwischen Dreiborn und Herhahn, oberhalb des Helingstales wurde diese Straße “alte Hill“
(alter Hohlweg) genannt. In der Nähe “op Jroweck“ (althochdeutsch “ ga-wiggi“) was
Straßenkreuzung bedeutet, wurde sie von der “Konzer-Gass“ einem alten Verbindungsweg
zwischen Aachen und Trier gekreuzt. Hier begann auch “et Üesterlenksströsschen“
(Östlingsweg) der Umweg um die Dreiborner Höhe in die Ardennen und in den Östling, den
Götterwald der Franken.
In dem Bericht „Die Straße der Krieger“ wird diese Straße beschrieben.
Eine Flur in der Nähe der Straße heißt “am Galgen“ dort stand der Galgen des Hochgerichtes
Dreiborn.
Die bekannteste Hofstätte in der Nähe des Straßenknoten ist der “Walberhof“.
Im Jahre 799 n. Chr. wird dieser Hof als “Waleburen“ (Walen-Haus) genannt. Im gleichen
Jahr wird unter den Weihungen des Papstes Leo III. eine Kapelle “a Dreyborna“ genannt, es
kann sich nur um die Kapelle auf Walber oder die Kapelle „auf dem Gassenhövel“, später die
erste Kirche von Dreiborn handeln.
Gemäß den Aussagen von Pater Isidor, welcher 1958 in Dreiborn seine Primiz feierte und
sein Betätigungsfeld bis zu seinem Tod im Jahre 2008 im Vatikan in Rom hatte, befindet sich
dort ein Teppich, in den eine Darstellung dieser Kapelle eingewebt ist.
Dem zufolge muss Dreiborn damals schon eine Siedlung gewesen sein.
Sprachforscher vermuten auf Walberhof einen lokalen Kultplatz der “Walen“ (Walonen)
einem keltischen Volksstamm, welcher den Dreiborner Landkragen schon vor den Römern
bewohnte.
Zirka 150 Worte keltischen Ursprungs waren laut dem Sprachforscher Bachem 1930 noch im
Dreiborner Dialekt zu finden.
Römerstraße (Köln-Trier)
Aus römischer Zeit werden Hofstätten “opem Walberkopp“ bei Hohenfried, in der “Wollzich“
(Wollseifen), im “Gierzesief“ bei Dreiborn und “op Neubracht“, dem heutigen Schöneseiffen
vermutet.
Die Römerstraße wurde von “Heermännern“ bewacht, welche auch für die Proviantierung der
Reisenden zuständig waren. Die “Hagen-Orte“ Herhahn (Heromannhagen) und “Hag“ in
Dreiborn, weisen auf solche Straßenposten.
“Op Jifelich“ (Gifling) was in unserer Sprache “Haus des Gebers“ heißen würde, soll sich
eine römische Relaisstation befunden haben. Schon im Jahre 973 n. Chr, am 25.7. wird diese
hochgelegene Stelle mit einem imposanten Ausblick in der Nähe der Römerstrasse erwähnt.
Hier wird auch seit dem Jahre 1425 der “Ditzchesbaum“, an dem die Dreiborner um
Kindersegen flehten, genannt.
Nach den Römern drangen die Franken bis in unseren Raum vor und zwar bis “Wahlerscheid“
Dieser Flurname weist auf die Grenze zu den Walonen.
Walone bedeutet Fremder.Von unseren Vorfahren wurden diese Fremden das “Alte Volk“ genannt. Dieses wurde nun in das unwegsame Gelände zwischen Erkensruhr und Dreiborn gedrängt.
Flurnamen, Anekdoten und die mündliche Überlieferung bezeugen, dass es sich dort bis weit
in christliche Zeiten halten konnte.
Die Erkensruhr ist Sprachgrenze zwischen Kölner und Aachener Dialekten.
In den “Hagen“ kampierten nun fränkische Wehrbauern und es war üblich, dass die
Junggesellen des Stammes um diese Hagen gemeinsam die Wüstungen rodeten. Sie wurden
“Hagestoiden“ genannt.
Im 9.Jh. fanden die letzten Gemeinschaftsrodungen der Ripuarier statt. Das waren “Hagefeld“
und “Hagebrögelchen“ das bedeutet dass hier schon eine Siedlung war. Der im Jahre 1198
erwähnte “Haghof“, stand mitten im Quellgebiet des Hagebrögelchens (heute steht dort der
Dorfsaal). Dieser Hof und die Burg Dreiborn, so wird vermutet, sind aus dem Königshof
Walber hervorgegangen. Flurnamen auf “König“ und “Reich“ blieben erhalten, z.B.
Königsdell - Königsheck - Steenbachsreich – Heiligenhart. 1549 heißt es noch Königsfeld in
der Gierzenbach.
Im Jahre 1293 wurde das Dreiborner Land von Jülich abhängig.
Im Jahre 1331 wird der Hof am Kesselbroch erwähnt.
Nach dem Zeitverständnis des “Alten Volkes“ war die Nacht älter als der Tag, die Nacht
gebiert den Tag.
Aus diesem Grunde rechnete man nicht nach Tagen, sondern nach Nächten.
Auch die alten Dreiborner rechneten vielfach noch bis zum 2. Weltkrieg nach Nächten.
Statt “Gestern“ sagten sie “Nähten“ das heißt, vor einer Nacht. “Vorgestern“ war für sie
“ze Nähten“, vor zwei Nächten.
Im 8. Jh. war zwar die Christianisierung der Eifel weitgehend erfolgt, doch im 14. Jh. wurden
bei uns neben den Heiligen, die Götter der Heiden verehrt. Wenn auch heimlich und im
Verborgenen.
Die noch heidnischen Walen sollen am “Schreiberg“, einem Echoberg am Erkensruhrtal, zu
ihren Göttern und ihren Toten geschrieen haben.
Interessant sind hierzu die Aufzeichnungen von J. Grimm in der “Deutschen Mythologie“.
Da heißt es: „Orkus weist auf Totenreich“, dieses war für die Heiden ähnlich wie den Christen
der Himmel. Nun wurde noch im Jahre l803, in der Tranchot- von Müfflingkarte die
Erkensruhr mit “Orkusrur“ bezeichnet.
Bis etwa in diese Zeit wurde das Erkensruhrtal gemieden. Es galt als Verbannungsort.
Die Herren von Dreiborn, Schleiden und Monschau, schoben dorthin ihnen nicht genehme
Menschen ab. Hier am “Püngelbach“ fanden im ausklingenden Mittelalter die um ihres
Glauben willens verfolgten Wiedertäufer eine vorübergehende Bleibe. Mit ihrem “Püngel“
das heißt, mit dem was sie auf der Flucht tragen konnten, ließen sie sich dort nieder.
Die Hütten und späteren Hofstätten an der Erkensruhr blieben bis Anfang des l9. Jh.
Namenlos. Dann spricht man vom “Dörpchen“ oder vom “Neudorf“.
Um 1860 erscheint dann erstmalig in Notariatsurkunden der Ortsname Erkensruhr.
Neben dem “Schreiberg“ ist der “Gierberg“ an diesem Tal von mythologischer Bedeutung.
“Gierberg“ heißt “Grenzberg“. In den Grenzbeschreibungen des Dreiborner Landes heißt es:
„Hier kehrt und wendet es“.
Heute gibt es die Flurbezeichnungen am Gierberg und “auf dem Gier“. Letztere gilt erst seit
seiner Besiedlung gegen Ende des 19. Jh. Bis dahin hieß es dort
“ar wißer Frau“ (an der Weißen Frau)
Dieser Name ist seit dem Jahre 998 n. Chr. belegt und ripuarischen Ursprungs.
An einem kleinen Quellsumpf, oberhalb vom “Möhnendall“, in der Flurkarte zu Modental
verdeutscht, lag eine Grauwacke aus überwiegend weißem Granit. “Möhn“ heißt
verehrungswürdige Alte.
Die Alten sagten: „Das ist die Weiße Frau!“ Und sie fügten hinzu: “Seht euch dort nicht um!“
Wir hatten Grundstücke direkt an diesem Stein und mein Patenonkel erzählte mir, die Jäger
dürften dort nicht jagen.
Gemäß der “Deutschen Mythologie“ wurde in heidnischen Zeiten “Frau Holle“ an solchen
Steinen verehrt. Eine Muttergottheit!
Sie wurde den “Holden Möhnen“ den “Juffern“ zugerechnet.
Die “Holden“ des alten heidnischen Volkes, wurden zu den “Unholden“ der Christen.
Sie wurden entweder zu Märchenwesen oder wie “ar wißer Frau“ zu einer Schrecken
verbreitenden weißen Frau!
Nach dem 2.Weltkrieg war die Scheu vor der Weißen Frau nicht mehr so groß wie noch bei
unseren Urgroßeltern.
Fahrzeug zur Beschaffung des "Gierberg-Steines"
Ein Dreiborner Bauer holte den Stein vom Gierberg, Traktor und
Frontlader machten es möglich, und stellte ihn in seinem Garten auf. Wer ihn drängte, den
Stein wieder an seinen alten Platz zu bringen, ist nicht bekannt.
Jahrzehnte später stellte ein Wirt den Stein vor seinem Gasthaus auf, nach Jahren brachte auch
er den Stein zurück an seinen alten Platz. Warum auch immer kippten die Belgier während
ihrer Herrschaft im Schiessplatz, einige Ladungen Erde auf die Stelle wo der Stein lag.
Zwischen dem Quellsumpf auf dem Gierberg und dem Möhnendall wird eine Parzelle
“Engelchensbrögelchen“ genannt. Wahrscheinlich zwecks Entdämonisierung.
Auf dem Gierberg kommen die Flurnamen “Hierzdell“ (Hirschrott) und “Hierzchessief“ vor.
Diese Namen bedeuten “Tal der Hirsche“ und “ kleines Tal der Hirsche“.
Der Hirsch war ein der Muttergottheit geweihtes Tier.
So viel Heidnisches im und oberhalb des Erkensruhrtales in Richtung Dreiborn konnte in
christlichen Zeiten nicht geduldet werden.
Damit jeder wusste, dass er dort wegzubleiben hatte, heißt eine Flur dort “Op Düfelsdall“
(am Teufelstal). Gemeint ist das Erkensruhrtal. Dieser Name ist seit dem Jahre 1304 belegt.
Übrigens der Straßenname “am Holter“ in Dreiborn in Richtung Gierberg, weist auf den der
Frau Holle geweihten Holderstrauch.
Martin Luther musste noch um 1520 vor dem Irrglauben an Frau Holle warnen.
Im Dreiborner “Sendweistum“ der Kirche in Olef, von 1546, fragt man die Gläubigen, ob sie
nur zu dem “Dreieinigen Gott“ oder auch zu anderen Göttern ihre Zuflucht nähmen?
Als Sprachzeugnisse aus heidnischer Vergangenheit künden uns gemäß der “Deutschen
Mythologie-Grimm“ die Flurbezeichnungen “Ritzeberg“- “Donnerberg“- “Funkenberg“ vom
Götterglauben in keltisch- fränkischen Mischgebieten, wie dieses auf dem Dreiborner
Landkragen der Fall war. Interessant hierzu ist der Bericht „Die Dreiborner Hochfläche und ihre Fluren“.
Nach dem “Julianischen Kalender“, begann das neue Jahr im März.
Der “Gregorianische Kalender “ wurde bei uns erst um 1590 eingeführt.
Es ist bekannt, dass die heidnischen Stämme im März ihre “Frühlingsorgien“ begingen.
Dieses soll auf dem Dreiborner Landkragen gemäß der Überlieferung auf dem “Sporkefeld“
zwischen den Wacholdersträuchern geschehen sein.
Abends “wenn de Kongk emm Bett woren“ (wenn die Kinder schlafen waren), erzählten die
Alten von den Vorkommnissen auf dem Sporkefeld. Bis spätestens am 1. Mai musste dort
zwischen heiratswilligen, der so genannte “Meiwengschell“ erfolgen.
Um die 1950er Jahre fragt man zuweilen in Dreiborn ein junges Pärchen im Frühling:
“Hatt ihr att derr Maiwengschell jemacht?“
Aus christlicher Sicht musste hier etwas geschehen. Es wurde ein Kreuz aufgestellt!
Heute noch heißt ein Flurname dort “an Märzkröcks “ (Märzkreuz).
Zwischen Wollseifen, Morsbach und Dreiborn gibt es die Flurnamen “Helingsberg -
Helingstal - Helingsbach“, diese Namen beziehen sich auf heilig.
Der Helingsbach entspringt an der Kirche von Dreiborn.
Dort war früher der Brandweiher (kanalisiert). Im Helingstal ist eine Heilquelle, der
“Surpötz“. An dieser Heilquelle wurden römische Weihesteine, welche den Quellnymphen
geweiht waren, gefunden. Auf dem höchsten Punkt, oberhalb des Helingsbaches befindet sich ein den Kelten und Franken, später auch den Christen heiliger Ort.
Heute wissen wir, dass dort „op Walber“ die Erdformationen Grauwacke und Schiefer
aufeinander stoßen. Geologen sprechen in diesem Zusammenhang von der “Malsbendener Störung“.
An solchen “Starken Plätzen“ waren oft lokale Kultplätze unserer Vorfahren. Sie spürten hier
die Gottesnähe, “den Genius Loci“, den göttlichen Geist des Ortes.
Dieses Gespür ist den heutigen Menschen weitgehend verloren gegangen.
Zur Zeit Karls des Großen war “op Walber im Ginster“ die erste christliche Kapelle auf dem
Gebiet der heutigen Stadt Schleiden.
Es war üblich, christliche Kapellen auf heidnischen Gräberfeldern zu errichten, die Heiden
ließen sich dann lieber taufen, denn ihre Vorfahren ruhten nun in geweihter Erde und es gab
ein Wiedersehen nach dem Tode.
Hl. Walburga
Damals gehörte die Heilige Walburga zu den beliebtesten Heiligen, vielleicht Grund genug
die Kapelle op Walber “at sanktam Walburgam“ zu nennen.
Der zur Kapelle gehörige königs- und kaiserfreie Hof wird in mittelalterlichen Aufzeichnungen “Waleburen“ genannt. Trotz der christlichen Kapelle op Walber werden aber
Heilige und Götter auf dem Dreiborner Landkragen gemeinsam verehrt. Die Gottesmutter der Kelten “Brigida“, in christlichen Zeiten St. Brigitta, ist bis in unsere
Tage in Erinnerung geblieben. In Einruhr wird sie heute noch verehrt. Auch der “Krockwesch“(Kräuterstrauß), der Weihestrauß der Heiden konnte nicht vom
“Buchsbaum“, dem Weihestrauß der Christen verdrängt werden.
Mancherorts wird er noch “op Krockweschdach“, am 15. August, auf Maria Himmelfahrt,
kirchlich gesegnet. So war es bis in die 1950er Jahre auch in Dreiborn. Die Kräuter wurden zu
Heiltränken und zur Abwehr von Blitz und Donner verwendet.
Mein Patenonkel ließ bei der Ernte die letzte Garbe auf dem Felde stehen, er nannte diese "de Stücheljarf“. Fragte ich als Kind. „Warum tust du das?“ Antwortete er: „Weil es immer so
gehalten wurde“. Im 12. Jh. stand der Walberhof zwar unter dem Schutz des Kaisers, aber dieser Schutz war
nicht viel wert. Kleine Territorialherren hatten mittlerweile in der Eifel das Sagen. Etwa 140 Burgen wurden um diese Zeit in der Eifel erbaut, es waren Bergburgen.
Die Wasserburg Dreiborn ist älter, sie hatte im Laufe ihrer Geschichte viele Namen welche
alle auf die Quell-Borne im Hagebrögelchen weisen.
Z.B. Trimborn - Drimborn - Dromburen -Trium Fontium - Arx tri Fontänes –Darmykon
Dreyborn. Die in der Nähe lebenden Wallonen nannten Dreiborn “Drommer“ das ist heute
noch der Kosenamen für die “Drommerter“! Der Spitzname “DE UUSEN“ stammt aus dem
Lateinischen “at usum“, alles gehört uns!
Der Ort Dreiborn wird in einem Vertrag, welcher 1334 in Paris zwischen König Johann von
Böhmen (Herzog von Luxemburg) und dem Grafen Wilhelm von Jülich zustande kam,
erstmalig urkundlich genannt.
Aus diesem Vertrag geht hervor, dass die heutigen Ortschaften in unserem Höhengebiet alle
schon vorhanden waren, zumindest als Einzelhöfe.
Der größte Teil der Dreiborner Hochfläche war damals Heide und Schafweide.
Am wertvollsten waren die Talwiesen. Um einen guten Graswuchs zu erzielen wurden diese
durch ein kompliziertes Gräbensystem bewässert.
Nur die mit Feld, Acker oder Land bezeichneten Fluren wurden nach den damaligen
Systemen beackert.
Um das Jahr 1400 sind schon Hofstätten mit über 400 Dreiborner Morgen, a 36 Ar Landbesitz
bezeugt. (ca. 150 ha)
Die Bewirtschafter dieser Höfe wurden mit “freien Grundholden“ bezeichnet. Sie waren oft
Schöffen des Dreiborner Landes und nannten sich meist nach ihrem Hof oder Heimatort:
z.B. Hupert von Schüüren‚ Pitter von Muuespich‚ Heinchen von Malsbenden. Diese Schöffen
hatten wenn es am Gericht um Hab und Gut ging das gleiche Stimmrecht wie der Burgherr.
“Ar Longk“(an der Linde) “op dem Jassenhövel“ an der ersten Kapelle des Ortes, wurde am
“Vogtdinglichen Tag“ (an dem Tag den der Burgvogt bestimmte) “Recht“ gesprochen.
Bei jeder Zusammenkunft an der Dorflinde wurde das Gesetz der “Herrlichkeit- Dreiborn“
vorgelesen. Da heißt es: „Jeder kann in dieses Land des Morgens frei hereingehen und des
Abends frei herausgehen, wenn er nichts verbrochen hat. Er kann hier alles kaufen oder
verkaufen, “op naß or drüch“(nass oder trocken).“
Dreiborn war ein Land freier Leute‚ es hatte die Mittelalterliche Bauernabhängigkeit sehr früh
überwunden. Schon im Weistum von 1419 heißt es: „Dreiborn ist ein offenes Land‚ die Güter
der Bauern sind teilbar‚ veräußerbar und vererbbar, wenn sie nicht mit einer Stiftung belastet
sind.“
Mit Bösewichten jedoch wurde kurzer Prozess gemacht, sehr schnell baumelten sie am
Galgen während vom Gerichtsturm an der Burg das Armsünderglöckchen läutete.
Die Bewohner des Dreiborner Landes hatten wie gesagt schon im 15. Jh. mehr Rechte als die
Bewohner der benachbarten kleinen Territorien. Das lag auch daran, dass nur der Burgherr die
Steuern kassierte. Die Dreiborner waren nicht wie die Bewohner der Nachbarländchen auch
ihrem Lehnsherrn zinspflichtig.
Herzog Gerhard von Jülich
Der Herzog von Jülich begnügte sich damit, an seiner Westgrenze einen verlässlichen
Burgherrn zuhaben. Die Dreiborner Herren nahmen von Jülich nur Verordnungen an, ohne die das Land nicht
regiert werden konnte. Wie z.B. das Jülicher Seuchen-Gesetz.
Die Dreiborner huldigten nur ihrem Burgherrn. Jülich war für Dreiborn nur "Schutz und Schirm“! Der “Scheckebach“( Scheid=Grenzbach) zwischen Berescheid und Harperscheid, heute
gegliedert in Katzensief, Schafbach, und Diefenbach, war die Grenze zwischen Dreiborn - Jülich und Schleiden - Luxemburg.
Hier grenzten auch alle Machtblöcke, zu denen Luxemburg gehörte, an das Herzogtum Jülich.
Im Laufe der Jahrhunderte waren das Spanien, Bayern und Österreich. Die Grenze am “Scheckenbach“ ist wohl die Älteste im Rheinland, hier grenzte ursprünglich
der Eifelgau an den Zülpichgau. (Bericht „Alte Grenzen im Schleidener Tal“ Kriegsmüde spanische Söldner aus Luxemburg, Böhmen, Schlesien, auch “Prutzen“
(Preußen) suchten an dieser Grenze das Weite. Auch um ihres Glaubens willen verfolgte
Menschen aus den spanischen Niederlanden und aus Frankreich kamen über diese Grenze.
Manche waren handwerklich begabt, sie verstanden es das Eisen zu schmieden oder sie waren
Minöre (Bergleute) welche an der “Leykaul“ und an “Mühlenbachshard“ nach Schiefer
gruben. Manche waren auch lieber Knechte auf den damaligen Hofstätten oder auf der Burg
als Landsknechte der Spanier. Die Burgherren waren froh über jeden tugendhaften,
christlichen Menschen, der sich bei uns niederließ, er durfte arbeiten, roden und Steuern
zahlen.
Heute noch zeugen in Dreiborn alte Hausnamen von den Flüchtlingen aus jenen Tagen, da
heißt es z.B. “an Spaniers“, “an Prutze“ oder Dardenne, was aus den Ardennen bedeutet.
Auch in den alten Tauf- und Sterberegistern trifft man auf Namen aus vieler Herren Ländern.
In Dreiborn wurden Söldner aus dem “Hochlöblichen Regiment der Königin von Ungarn“
getraut und beerdigt. Die Kinder der Marketenderinnen wurden hier geboren und getauft.
Was die Nachfahren des alten heidnischen Volkes betrifft, so hatten diese sich mittlerweile
mit den fränkischen Siedlern bei uns vermischt.
Das wurde möglich da die Heiden seid dem 14 Jh, aus kirchlicher Sicht, zu “Altgläubigen“
erklärt wurden.
Alle diese Menschen rauften sich zusammen und mauserten sich schließlich zu einem
anpassungsfähigen‚ musischen Menschenschlag.
Dem “Berger“ wie wir ihn heute kennen.
Der Berger war im Laufe der Geschichte meist bei den Gebenden. So wie die “Borne“, und
derer gleich drei, im Dreiborner Ortsnamen Symbole des Gebens sind.
Man musste natürlich auch nach Einkommensquellen suchen.
Eine Einnahmequelle war “Oper Thol“, welches in der niederdeutschen Sprache “ Zoll“
bedeutet.
Die Römerstraße durch Dreiborn, führte am “Katzenpool“ dem westlichsten Punkt des
Herzogtums Jülich, durch ein nur auf dieser Straße zu passierendes Hochmoor.
Dieses machte man sich zunutze, hier war die Dreiborner Landwehr eine Straßensperre.
“Katz“ war früher gleichbedeutend mit Wehrhaftigkeit. Es heißt in der Nähe auch in den
“Dreuen“ welches so viel wie bedrohlich bedeutet, hier war kein Durchkommen möglich.
Jedes fremde Fuhrwerk, welches am Katzenpool durchgelassen wurde, musste „oper Thol“
die Straßenmaut (Zoll) entrichten.
"Katzenpool"
Doch nicht nur die Dreiborner Herren kassierten am Katzenpool. Nur ein paar Dutzend
Schritte von hier, am “Gräfenborn“(Grafenborn) stoßen das Dreiborner, Schleidener,
Monschauer und das Land Überruhr zusammen.
In alten Aufzeichnungen heißt es: „Hier “am vier Länderstein“ (welcher heute auf dem
“Hagebrögelchen“ steht) können vier Herren an einem Tische sitzen, ein jeder auf seiner
Herrlichkeit.“ Weil das Land “Überruhr“ mit dem Hauptort Wollseifen meist zu Schleiden
gehörte, war in der Nähe des Katzenpools ein kleiner Korridor auf dem die Schleidener ohne
Maut zu bezahlen nach Wollseifen reisen konnten. Eine Flurbezeichnung heißt dort “ar Stieb“ (am Fallbaum) und eine andere “ar kleener Platz“,
Korridor der Schleidener. Am 7.10.1069 verlieh König Heinrich der IV. dem Erzbischof von Köln, den Wildbann auf dem Dreiborner Landkragen. Seither wird die Römerstraße durch Dreiborn als Grenze
genannt. Der Ort wurde bis zur Preußenzeit in zwei Herrschaftsgebiete geteilt.
Was die Burgherren in Dreiborn aber nicht daran hinderte, die Grenze am “ Scheckenbach“
durch Jahrhunderte zu behaupten. Dieser galt für sie und den Herzog von Jülich als
Grenzbach zwischen ihrem Einflussgebiet und Schleiden - Luxemburg.
Ein Kuriosum aber war es, dass den Herren von Dreiborn nicht der ganze Ort Dreiborn
gehörte. Die Häuser nördlich der Wollseifener Straße, lagen im Land Überruhr und ihre
Bewohner waren im Laufe der Geschichte meist Schleidener Bürger. Am “Heckengässchen“
gegenüber der “Kuhlengass“ stand die Schleidener Zehntscheune. Es hieß dort an “Lieenen“
(am Lehen) der letzte Bauer dort war vor dem zweiten Weltkrieg “Lieene Fritz“.
Auch der “Griesenhof“ stand in der Nähe. “Der Gries“ (der Graue) hatte gemäß den
Aufzeichnungen im “Rheinischen Flurnamenbuch“ etwas mit der Schleidener Verwaltung
oder mit dem gegenüberliegendem Dreiborner Thingplatz zu tun.
Der letzte Bauer dort war “Griesen Eduard“.
Die Zehntscheune der Dreiborner Herren stand auf der Kirchstraße “an Vüchelches“, die
letzte Bewohnerin war “Vüchelches Trien“. Die Zehntscheunen waren durch einen
besonderen Giebelschmuck aus Fachwerk gekennzeichnet. In diesen Scheunen wurden die
Abgaben an den Bugherrn aus Feld und Garten gelagert.
Im Jahre 1461 wird die Kapelle in Dreiborn erstmalig urkundlich erwähnt.
(Bericht „Von der Kapellen Gemeinde zur Pfarrgemeinde 1461 – 1804“)
In Wollseifen und Harperscheid werden um diese Zeit Kapellen erbaut.
Die Kapelle “op Walber- at sanctam Walburgam“ war zerfallen, ihre beiden Glocken kamen
nach Harperscheid.
An den Walberhof, zu dem vier Königshufe Land, ca.800 Morgen gehörten, erinnern heute
noch eine Scheune auf dem Hofgelände und die Flurnamen “Walberacker“ und “oper Huf“ in
Herhahn.
Im Jahre 1539 brach in den Höhendörfern des Dreiborner Landes eine Rebellion aus.
Die Wiedertäufer, eine Sekte welche die Erwachsenen Taufe predigte, verweigerten dem
Pastor in Olef und dem Burgherrn den Gehorsam. Der Herzog von Jülich forderte für die
Rebellen die Todesstrafe. Das Gericht in Dreiborn folgte den Forderungen des Herzogs nicht.
Die Wiedertäufer wurden des Landes verwiesen. Wie einst das vertriebene heidnische “alte
Volk“ siedelten viele von ihnen, auf bessere Zeiten hoffend, im immer noch unwegsamen
Gebiet um die Erkensruhr.
In den Prozessakten (Kirchenarchiv Dreiborn) ist von 40 Familien, meist aus Ettelscheid und
Herhahn die Rede, welche von den Herren von Dreiborn, Schleiden und Monschau dort
geduldet wurden.
Von 1560 bis 1630 wurden an den Gerichten der kleinen Eifeler - Dynastien tausende
Hexenprozesse geführt, das Urteil lautete fast immer: Tod durch Verbrennen.
Am Dreiborner Gericht hat es keine Hexenprozesse gegeben.
Die Dreiborner Burgherren gehörten in jenen Jahren mit zu den aufgeklärtesten und
vornehmsten Zeitgenossen im Rheinland. Sie wohnten oft in Köln, wo ihnen der Schwerthof
oder Trimbornerhof gehörte. Zu ihrem Bekanntenkreis zählten die Hexenprozessgegner
Dr. Johann Weyer und Friederich von Spee.
Pestarzt
Im dreißigjährigen Krieg 1618 - 1648 wurden “die Berger“ von mancherlei Drangsal und von
der Pest bedroht. Die Burgherren erhoben strenge Gesetze zum Wohl ihrer “Untertanen“.
Fahrendes Volk durfte nicht einreisen. Einheimische Bettler mussten am angestammten Platz bleiben und ein Schild mit Namen und Registriernummer um den Hals tragen. “Opm Klapperpeisch“ wurden die unheilbar Kranken isoliert. Sie hausten in “Wasemshötten“.
Die Feuerstelle war vor der Hütte. Näherte sich ein Gesunder, mussten sich die Siechen mit
einer Klapper = Rassel bemerkbar machen.
In der Nähe der heutigen “Schießplatzkapelle“ stand damals das “Schalekröckschen“, das
heißt so viel wie “Schüssel-Kreuz“. Hier durfte Essbares für die Siechen abgestellt werden.
In diesen Notzeiten wurde auf allerlei Zeichen geachtet aus denen man die Zukunft deuten
konnte. Da war in der Nähe der Burg im “Dorrbend“ (von Wassermangel und Dürre bedrohte
Talwiese) der “Hungerborn“ (eine Quelle, welche nicht immer Wasser bringt).
Wenn diese Quelle lechzte, d.h. so wenig Wasser brachte dass sie fast “verhungerte“, dann
standen mit Sicherheit‚ so glaubte man, Not und Elend bevor.
Bei der Flurbereinigung wurde der Flurname “am Hongerbuuen“ zu “Hingdenborn“ entstellt.
Im Jahre 1636 wurde die Wollseifener Kapelle zur Pfarrkirche erhoben. Die Bergerorte der
Herrschaft Dreiborn blieben noch über hundert Jahre nach Olef eingepfarrt.
Der “Olefer Kirchweg“ von Herhahn nach Olef und der “Licheweich“ von Berescheid nach
Dreiborn, erinnern an diese Zeit. Nur über diesen “Leichenweg“ durften die Toten von Berescheid nach Dreiborn gebracht werden. Dieser Weg musste so breit sein, das zwei Fahrzeuge aneinander vorbei kamen, ohne
sich gegenseitig zu behindern. In Dreiborn wurden die Toten beider Orte vor der Kapelle
aufgebart, um Abschied von der Heimat zu nehmen, bevor sie in Olef beerdigt wurden.
Am 27.8.1639 bedachte Daem von Harff auf Burg Dreiborn in seinem Testament die
Pfarrkirche zu Olef, die Lambertus Kirche zu Lüttich und die Hohe-Dom-Kirche zu Köln.
Das Testament wurde im Schwerthof am Neumarkt in Köln aufgestellt welcher von Harff
1612 erworben hatte. Damals war mehr Betrieb auf den Straßen. Wie wir heute vermuten, verbrauchten im Jahre
1550 allein die Gemünder Hütten, 1500 Karren Holzkohle.
Nach dem Dreißigjährigen Krieg erholte sich die Landwirtschaft in der Region schnell.
Immer größere Viehherden, welche vom Dorfhirten dem “Küüert“ gemeinsam gehütet
wurden zogen über die Viehdrift “ar Trööt“ (Burgauel) wo sich die Viehtränke befand, durch
das “Heckengäschen“ in den “öefeschten on öngeschten Scheed“ (die oberste und unterste
Viehweide). In den Ginsterheiden wurden die Schafe gehütet, die Schweine wurden
herdenweise im Wald gemästet. Der Feldschütz sorgte für Ordnung in der Feldflur.
Die “Pesche“ (Weiden)‚ “Bungerten“ (Obstwiesen) und Ackerfelder in der Nähe des Ortes
wurden immer öfter mit Rotbuchenhecken eingehegt, nur so konnten diese Parzellen wirksam
vor den gemeinsam gehüteten Viehherden geschützt werden. Die Hecken erwiesen sich auch
bald als nützlich zur Brandholzversorgung. Die größte zusammenhängende Ackerfläche war neben dem „ Burgfeld“ das “Hagefeld“. Das “Eschepädchen“ war eine Brandschneise. Zum Düngen benutzte man damals
getrockneten Rasen mit Reisig vermischt, welcher angezündet wurde. Die Asche wurde auf
dem Feld verteilt und glimmte dort oft tagelang nach, eine Gefahr für die strohgedeckten
Häuser. Den Ackerbauer nannte man damals “Escher“.
Im Jahre 1660 war die Bevölkerung der Dreiborner Höhe auf das Doppelte der Angaben von
1550 angewachsen. Man zählte 170 Hausstätten bei den damaligen Großfamilien‚ etwa 1600 Einwohner.
Die alten Wind- und Wassermühlen reichten nicht mehr aus.
Zu diesen gehörten die Windmühle an der Burg, die Wassermühle am “Mühlenbach“,
zwischen “Gierzesief“ und “Hoferland“ gelegen, “de alt Möllen“ am “Helingsbach“ auch
“Helingsmühle“ genannt, die “Plettschmühle“ im gleichen Tal am “Plettschmühlenberg“
gelegen und die “Sauermühle“ am “Surpötz“.
In der “Kluus“, was so viel wie Mühlenwehr bedeutet, wurde ein zusätzlicher Weiher für
letztere angelegt. Der Wasservorrat der fünf “Hahnsweiher“ unterhalb der Burg welche ihr
Wasser aus dem Quellgebiet des “Hagebrögelchen“ bezogen, reichte nicht mehr aus.
Das größte Bauvorhaben aus dem Jahre 1660 aber war die Errichtung der “Berescheider
Mühle“. Es wurden Weiher auf dem “Berenbroch“ angelegt, die Flur heißt dort “am neuen
Weiher“. Auch der Patersweiher wurde nun zum Mühlenweiher.
Schafbachmühle
Im “Enstersief“ (Elsterseifen) wurde der “Enstersiefsweiher“ angelegt. Auch auf dem
„Hagebrögelchen“ war ein kleiner Weiher. Weil dort oft die Kesselflicker mit ihren
Wohnwagen lagerten hieß es dort am “Läperschweiher“. Im “Zichel“ (Ziegelstein), der tiefsten Stelle im “Ußelt“ zwischen Dreiborn und Berescheid wurde ein großer Weiher angelegt. Alle diese Weiher konnten bei Bedarf ihr Wasser an den Zentralweiher “am Eulenberg“ in der “Allenbach“ direkt an der “Berescheider Mühle“ abgeben. Hier klapperte das Mühlrad noch bis in die 1930er Jahre. Die Bewohner des Dreiborner Landes mussten ihr Getreide dort
mahlen lassen, wo es der Burgherr anordnete.
Im “Dreiborner Weistum“ heißt es: „Soll einer im Ausland mahlen lassen‚ dann soll man ihm
nehmen Sack und Pferd. Den Sack soll der rechtmäßige Müller haben, das Pferd fällt dem
Herrn von Dreiborn zu.“ Schleiden und die “Weihermühle“ waren schon Ausland. Im Jahre 1669 aber kaufte der Dreiborner Burgherr der Herrschaft Schleiden das Territorium
der “Weihermühle“ und der “Oligsmühle“ (Ölmühle) am “Gangford“ ab. Das Dreiborner Land reichte nun bis an das Schleidener Schloss. Ein Turm dieses Schlosses, der “Frankenturm“ am “Diefenbach“, stand gemäß einer alten
Urkunde “drei ein halb Fuß“ auf Dreiborner Herrlichkeit.
Da auch der Schleidener Ortsteil “Diefenbach“ wo die “Oligsmühle“ stand (heute das
Gelände der Shelltankstelle und Schleidener Hof) nun zum Dreiborner Land gehörte, wurden
dort Dreiborner Jahrmärkte abgehalten.
Zum Verdruss der Schleidener Herren und ihrer Lehnsherren von Luxemburg, kauften die
Schleidener Bürger nun dort billig ein. Das war möglich weil die Verkäufer dort weniger
Abgaben an die Herrschaft zu leisten hatten. Die Lehnsherren von Dreiborn in Jülich hatten,
wie schon gesagt‚ kein Recht im Dreiborner Land etwas zu kassieren.
Was die Märkte betrifft, so waren auch in Dreiborn jährlich drei Markttage.
Von nah und fern boten Bauern und Fuhrleute dort ihre Waren an.
Um das Jahr 1730 gab es in den Höhendörfern ca. 100 Pferde.
Diese wurden kaum in der Landwirtschaft eingesetzt, hier wurden Ochsen bevorzugt. Die
Pferde wurden als Tragetiere, als Karrengäule oder bei Ferntransporten als Wagengespanne
eingesetzt. Die Tuchfabrikanten und Reidtmeister verlangten von den Fuhrleuten den
“Fuhrmanns Eid“. Da hieß es unter anderem: „Ich schwöre, das mir anvertraute Gut
nirgendwo anders hin zu bringen, wie mir aufgetragen“.
Sie waren oft mit Schutzbriefen der damaligen Obrigkeit versehen und wickelten ihre
Geschäfte nach “Treu und Glauben“ per Handschlag ab.
In den Fuhrmannskneipen konnten bei Tag und Nacht Vorspann-Pferde für die Bergfahrt
genommen werden. Bei dieser Gelegenheit wurden die Pferde getränkt und zwischendurch
der sogenannte “Fuhrmannskorn“ getrunken.
Schliefen die Wirtsleute bereits, wurde bei nächster Gelegenheit bezahlt.
Mein Vater, aus einer alten Fuhrmannsfamilie stammend, erzählte, dass die Vorspann-Pferde
von der “Guten-Hoffnung“, einer Fuhrmannskneipe vor der Wallentaler-Höhe, wenn die
Bergfahrt geschafft war, allein zurück in ihren Stall gingen und das bei Tag und Nacht.
Pferde-Gespann
Die meisten Fuhrleute waren im Nahverkehr beschäftigt. Sie transportierten Eisenstein und
Holzkohle zu den Eisenhütten im Schleidener Tal, “Pottasche = Buchenasche“ zum Färben
des Tuches an die Tuchfabriken in Monschau‚ “ Eichenlohe = Eichenrinde“ an die Gerbereien in Malmedy. Kalk aus Sötenich wurde zum Düngen herangeschafft, auch “Leyen = Schiefer“
und Lehm wurden an die Baustellen der Umgebung geliefert. Um das Jahr 1750 wurden auf den Höhendörfern die ersten Kartoffeln gepflanzt.
Fünfzig Jahre später wurden die Berger Kartoffeln im Raum Köln- Aachen - Lüttich wegen
ihrer guten Qualität berühmt. Die Kartoffeln der Sorten “ Rueet-öchelcher“ ( Rot-Äuglein) und “Blau- Ochelcher“ galten als Delikatessen.
Im Herbst nach der Kartoffelernte waren Fuhrwerkskolonen zu den Märkten in Aachen‚
Eupen und Malmedy unterwegs.
Berger Kappessamen war weit und breit geschätzt.
Der Flurname “em Küühljard“ (Kohlgarten) bei Scheuren erinnert noch an die Berger
Kappessamenzucht.
Morsbach im Volksmund “Muueschbich “ bedeutet ursprünglich gemäß dem Rheinischen
Flurnamenverzeichnis: “Mußgarten am Bach“ (Gemüsegarten).
Um 1476 kommt der Ortsname “Moyersbach — Morsbach“ auf, er stammt aus dem
Niederdeutschen und heißt soviel wie: Hofstätte am kleinen sumpfigen Bach.
Bis zum Jahre 1865 wurde auf der Dreiborner Höhe nach Eisen gegraben. Meist im Tagebau.
Die Wollseifenerstraße wurde noch in den 1950er Jahren oft “Rieferstrooß“ genannt, “Riefer“
bedeutet Eisengräber. Diese Straße führte über das Heckengässchen “op de Pingk“
Pingen waren Eisenschürfplätze. Der Burgherr verlangte, dass die Schürflöcher wieder
verfüllt wurden.
Zwischen Scheuren und Ettelscheid wurde der seltene Weißeisenstein gefunden. Dieser
musste dem Roteisenstein beigemischt werden, da sonst in den Schmelzöfen eine
Riesenschlacke entstand, die sogenannte „Ofensau“.
Ettelscheid wurde noch im 18. Jh. Edelscheid genannt.
In Scheuren, was soviel wie Scheune bedeutet, lagerte das Kloster Steinfeld Eisenstein für die
Steinfelder Hütten.
In Berescheid wurde Bergbau auf Eisenstein betrieben.
Im Dialekt heißt bei uns der Bergmann “derr Beresch“, daher der Ortsname Berescheid.
Auf der Dreiborner Höhe gab es sieben Kohlezirkel, hier rauchten die Kohlenmeiler.
Ein Kohlenmeiler befand sich an der Kreng in Dreiborn, dort war der Dorfweiher. Wo sich
heute die Raiffeisenbank befindet, sagte man “err Kohlkuhl“.
Die Georgstraße hieß damals “Holzgasse“. Die Höttenstraße, damals “ Höttegässchen“,
erinnert daran, dass über diesen Weg die Holzkohlen zu den Eisenhütten im Schleidener Tal
transportiert wurden.
An der Leykaul wurde Schiefer gebrochen und gespalten. Dieser wurde, wenn er sich zum
Dachdecken eignete‚ in die Städte verkauft. Bei uns konnte sich niemand ein Schieferdach
leisten. Gutgestellte Leute hatten den Bodenbelag in der Küche aus Schieferplatten. In den
meisten Fällen aber bestand dieser aus Lehm.
Auf eine Türschwelle aus Schiefer aber wurde großen Wert gelegt. “Der Dörppel“ hatte
Symbolwert.
In Redewendungen heißt es: „Du kommst mir nicht über den Dörppel“ oder „Dir wächst noch
der Ginster über den Dörppel“.
Weit über den “Dörppel“ hinaus, blickten die Berger damals nicht. Man war der Meinung
“et kött wie et kött “ (es kommt wie es kommen soll). Was draußen in der Welt vor sich ging
war weitgehend uninteressant. (Bericht „Die Dreiborner Leyen“)
Man kümmerte sich so gut es ging um Haus und Hof, ansonsten hatte der Burgherr und der
Herr Pastor im Dorf das Sagen.
Doch im Jahre 1794 änderte sich einiges. Die kleinen Herrschaften wie das Dreiborner Land,
wurden von den Franzosen, den neuen Herren der Rheinlande, abgeschafft.
"Freiheit & Gleichheit"
Von der damaligen Parole “Freiheit - Gleichheit –Brüderlichkeit“, war den Bergern die Gleichheit am wichtigsten.
Im Jahre 1814 kamen nach den Franzosen, die Preußen. In einem Protokoll heißt es: “Die Gemeinde Dreiborn ist der Krone Preußens zugefallen“. Die Gemeinde bestand aus 22 Orten mit 2789 Einwohnern.
Der Ort Dreiborn hatte im Jahre 1836 — 734 Einwohner. Auf Anordnung der Regierung wurden die Berghänge und Ödflächen mit Fichten angepflanzt.
Im Jahre 1871 hat mein Urgroßvater, der Dreiborner Förster Reinhold Wolter, den letzten Wolf in unserem Raum erlegt.
Der Kunstdünger kam. Ödflächen auf denen nur Schafe weiden konnten, wurden nun
beackert.In den Fluren “opper Heed“ und “im Ginster“ wuchs nun Korn. Die gut gestellten
Schafbauern, für die das Gemeindeödland billige Weide war, hatten nun das Nachsehen.
Fuhrleute mit starkem Gespann, welches den neuen Rodungspflug ziehen konnte, kamen nun zum Zug. Es kam eine neue Zeit. Sogar der Herr Pastor musste umdenken.
Bei der Verpachtung der Plätze in der Kirche, was damals üblich war, steigerten nun
Fuhrleute für ihre Frauen die besten Bänke in der Kirche.
Selbst Tagelöhner verdienten nun an der größten Baustelle Europas, am Urftsee, zum größten
Teil auf dem Gebiet der Gemeinde Dreiborn gelegen, bares Geld.
Im Jahre 1896 wurde in Dreiborn der Spar- und Darlehnskassenverein gegründet, die Urzelle
der heutigen Raiffeisenbank Schleiden - Hocheifel.
Die Dreiborner bauten eine neue Kirche, für die sie fünfzig Jahre gespart hatten.
(ausführlicher Bericht im Kirchenarchiv)
Der Kaiser versprach goldene Zeiten.
Doch der erste Weltkrieg 1914 - 1918 machte viele Hoffnungen zunichte.
Nach dem Weltkrieg wurde die Weimarer Republik ausgerufen. Die Berger hatten schon den
Adeligen nicht viel zugetraut, noch weniger trauten sie den Bürgerlichen, welche nun an die
Macht kamen.
Die totale Geldentwertung kam.
Doch in der Gemeinde Dreiborn wurde viel geleistet. Der Hand- und Spanndienst machte es
möglich. Genossenschaften entstanden, Rathaus‚ Schule‚ Strom und Wasserleitung wurden
gebaut. Trotz dieses Fortschritts blieb man in Dreiborn am liebsten unter sich und seines gleichen.
Man sagte “wäe jett von oss well‚ däe sohl eropp kuuen“!
Familiennamen spielten bei den Bergern innerörtlich keine Rolle. Man sprach sich entweder
mit dem Vornamen, dem Haus- oder Spitznamen an.
Jeder kannte Jeden und seine Familienverhältnisse über Generationen! Sowie seine Stärken
und Schwächen.
Weil das so war, sagte man: “mir senn user Löck“ (unserer Leute).
Man lebte in der Großfamilie‚ Großeltern - Eltern - Kinder und ledige Familienangehörige,
waren auf Gedeih und Verderb aufeinander angewiesen. Lebensversicherungen oder Renten
gab es nicht.
In Jahre 1933 kamen die Nazis an die Macht.
Es wurden wieder goldene Zeiten versprochen‚ diesmal über Radio.
Errichtung der NS-Ordensburg Vogelsang
Auf dem Gebiet der Gemeinde Dreiborn wurde die Ordensburg Vogelsang errichtet.
Der Westwall wurde gebaut. Der zweite Weltkrieg kam. Die Berger Dörfer wurden zu Frontdörfern. Nach dem Krieg wurden sie zu Schießplatzdörfern.
Dreiborn wurde in der Presse “Das sterbende Dorf“ genannt. Nach vielen Jahren in denen Dreiborn fast im Schießplatzmorast erstickt war‚ in denen eine
Protestaktion der Anderen folgte, zu vielen Anlässen schwarze Fahnen an den Dreiborner Häusern die Ohnmächtigkeit der Schießplatzbauern gegenüber den Siegern, aber auch gegenüber den deutschen Behörden zum Ausdruck brachten, wurde, wie es im Amtsdeutsch heißt, die Schießplatzangelegenheit von der Bundesvermögensstelle abgewickelt.
Es gab Geld. Dreiborn war ein reines Bauerndorf. Das änderte sich nun.
Die Flurbereinigung kam. Die wenigen landwirtschaftlichen Betriebe kommen mit einem Bruchteil der
Flurbezeichnungen aus. Auch die Flurnamen im Schießplatz werden zum größten Teil bald vergessen sein.
Man heiratet nicht mehr in Sichtweite des eigenen Kirchturms.
Der Dreiborner Dialekt verschwindet langsam, man spricht rheinisch.
Nach der kommunalen Neugliederung im Jahre 1972 gehören die Höhendörfer zur Stadt
Schleiden. Die “Scheid“ Endungen an manchen Orts- und Flurnamen erinnern daran, dass die Berger
immer Grenzbewohner waren.
Heute leben die Berger in einem grenzenlosen Raum, inmitten des Naturparks Nordeifel
Ardennen. Nur die Sperrschilder zum Schießplatz stören noch.
Wir hoffen, dass diese bald verschwinden.
Mit großen Schritten wurde die Geschichte und die Fluren der Berger durchwandert, mancher
geschichtlichen Spur wurde gefolgt. Doch vieles blieb noch unentdeckt und ermuntert zum Forschen.
(c) Alfred Wolter, 2001